Kurz nachgefragt - Bildung entdecken
Dr. rer. nat. Philip Wette, Stiftungsprofessor für den neuen Masterstudiengang "Integrierte Technologie- und Systementwicklung" am Campus Minden, im Interview mit dem Bildungsbüro
1. Wenn die zwölfjährige Lisa Sie fragen würde, was Sie den ganzen Tag „auf der Arbeit so machen“ – was würden Sie ihr antworten?
Als Neuberufener bereite ich momentan hauptsächlich Unterrichtsmaterial vor. Ich habe kurz vor Ende des letzten Semesters am Campus Minden angefangen und werde im kommenden Wintersemester vier Vorlesungen anbieten. Da ich als neuer Professor noch keinerlei eigene Unterrichtsmaterialien habe, nutze ich also die Zeit bis das Wintersemester anfängt, um mich auf die Vorlesungen vorzubereiten. Das heißt konkret, dass ich zunächst selbst die entsprechenden Lehrbücher zu den Themen der Vorlesungen lese, eine Auswahl an Inhalten zusammenstelle, die ich den Studierenden in meinen Vorlesungen vermitteln möchte und anschließend Unterrichtsmaterialien erstelle, um die Vorlesungen auch halten zu können. Diese Materialien bestehen zum größten Teil aus Powerpoint Foliensätzen und dazu passenden Übungsaufgaben für die Studierenden.
Die Arbeit eines Professors bezieht sich allerdings nicht ausschließlich auf die Lehre. Ein weiterer, in meinen Augen sehr wichtiger Teil des Berufs ist die Forschungsarbeit. Gemeinsam mit Unternehmen aus der Region versuchen wir unter anderem herauszufinden, wie neue Technologien vorteilhaft in den Betrieben verwendet und wie diese Technologien für den entsprechenden Einsatz noch verbessert werden können. Dazu gilt es für mich in dieser Anfangszeit zunächst Gespräche mit den Unternehmen zu führen, in denen wir gemeinsam herausfinden, wie die zukünftige Zusammenarbeit in der Forschung aussehen kann.
2. Die FH Bielefeld feiert dieses Jahr ihr 50. Jubiläum unter dem Motto „50 Years of Future“. Was macht für Sie heutzutage das Lehren und Lernen an der Hochschule aus?
Was die FH Bielefeld mit dem Campus Minden ganz besonders ausmacht, ist die Nähe zu der lokalen Wirtschaft. Gerade mit den praxisintegrierten Bachelorstudiengängen Elektrotechnik, Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen und dem darauf aufbauenden Masterstudiengang Integrierte Technologie- und Systementwicklung (ITSE) werden hier Studiengänge angeboten, die den Studierenden sehr praxisnah die relevanten Inhalte ihrer Fachgebiete näherbringen. So sehen die Studierenden innerhalb der Praxisphasen in den Unternehmen, wie die Inhalte, die sie in den Theoriephasen am Campus Minden gelehrt werden, Anwendung finden.
Diesen Fokus der Lehre auf die aktuellen und zukünftigen Anforderungen der lokalen Wirtschaftsunternehmen finde ich dabei sehr wertvoll und wichtig. Denn hier entsteht eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten: Die Studierenden lernen praxisbezogen das, was in den Unternehmen benötigt wird und sie so zu sehr wertvollen Mitarbeitern macht. Die Unternehmen bekommen genau die qualifizierten Fachkräfte, die sie benötigen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.
3. Was kann junge Menschen überzeugen, ein Studium rund um die Themenfelder Informatik, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen aufzunehmen?
Die Relevanz der Themen für die Gesellschaft und die Geschwindigkeit mit der sich diese Themen entwickeln sind sehr groß. Die Informatik ist – im Vergleich mit anderen Wissenschaftsdisziplinen – noch sehr jung. Trotzdem hat sie in den letzten Jahrzenten eine Schlüsselrolle in der Gesellschaft eingenommen. Schon heute geht nichts mehr ohne Computer. Mit der zunehmenden Vernetzung von Geräten – Stichwort Internet of Things und Industrie 4.0 – wird sich dieser Trend in den nächsten Jahren immer weiter fortsetzen. Die dabei generierten Datenmengen sind schier endlos. Technologien wie künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen helfen dabei, dieser Datenmengen Herr zu werden. Mit ihrer Hilfe werden Daten in Echtzeit analysiert und auf Basis dessen Entscheidungen getroffen. Dieses Grundprinzip findet sich in jedem Bereich des Lebens wieder: In der Medizin werden so neue Medikamente entwickelt und Patienten behandelt, in der Logistik Touren geplant. Die gesamte moderne Robotik wie selbstfahrende Autos, Fertigungsroboter, aber auch moderne Haushaltsgeräte wie Staubsagroboter wären ohne künstliche Intelligenz und maschinellem Lernen nicht denkbar. Die Informatik bietet somit die Werkzeuge, Innovationen in allen Bereichen und Branchen zu schaffen, was den Studierenden später ein sehr abwechslungsreiches und spannendes Berufsleben bieten kann.
4. Inzwischen ist der Begriff „Inzidenz“ allen geläufig. Was denken Sie, welcher Fachbegriff oder Aspekt Ihres Arbeitsfeldes in 10 Jahren ebenfalls jedem geläufig sein wird.
„Intelligente, vernetzte Systeme“. Als Konsumenten sehen wir momentan den großen Trend der IoT-Geräte (Internet of Things): Egal, welches elektronische Gerät wir kaufen, es kann garantiert mit dem Internet oder einer App auf dem Handy kommunizieren. Das gilt nicht nur für moderne Fernseher und Stereoanlagen, sondern längst auch für Glühbirnen, Autos, Spülmaschinen, Kaffeemaschinen, ja sogar Bügeleisen.
Bislang leben alle diese Geräte jedoch nebeneinander in unserem heimischen WLAN, weshalb der tatsächliche Nutzen, den wir aus der Vernetzung der Geräte gewinnen, nicht sehr hoch ist. Mit dem zunehmenden Grad an Automatisierung - Stichwort Smart-Home und Industrie 4.0 - getrieben durch künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, werden diese Geräte in Zukunft intelligent zusammenarbeiten, um unseren Alltag ein wenig einfacher und angenehmer zu gestalten.
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(Das Interview führte Karin Detert, Bildungsbüro)
Weitere Informationen: Dr. Philipp Wette übernimmt Stiftungsprofessur am Campus Minden |
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